Analysemethoden

Leitmerkmalmethode: Die digitale Revolution in der Ergonomie

Entdecken Sie die digitale Leitmerkmalmethode, die auf Entwicklungen der BAuA und verschiedenen Wissenschaftspartnern basiert. Erfahren Sie mehr über die Unterschiede, Ursprünge und Vorteile dieser Methode im Vergleich zu traditionellen Ansätzen.

5 min Lesezeit
Einführung: die digitale Leitmerkmalmethode und EAWS

EAWS und die digitale Leitmerkmalmethode: Unterschiede

Die digitale Leitmerkmalmethode bestimmt die momentane physikalische Beanspruchung bei manueller Arbeit. Gegenwärtig lässt sich die (digitale) Leitmerkmalmethode in die sechs Varianten unterteilen: 1. Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten (LMM-HHT), 2. Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten (LMM-ZS), 3. Manuelle Arbeitsprozesse (LMM-MA), 4. Ausübung von Ganzkörperkräften (LMM-GK), 5. Körperbewegung (LMM-KB) und 6. Zwangshaltungen (LMM-KH).  Die digitale Leitmerkmalmethode ist jeweils auf Deutsch und Englisch verfügbar. Diese Methoden, lassen sich mittlerweile in digitaler Weise durchführen und einsetzen (digitale Leitmerkmalmethode). Neben der digitalen Leitmerkmalmethode lassen sich physikalische Belastungen des Körpers auch mithilfe von EAWS bestimmen. Die Durchführung von EAWS ist ebenfalls in digitaler Form möglich. Im weiteren Verlauf werden die Ursprünge, Vorgehensweisen und Gründe für die digitale Leitmerkmalmethode und EAWS näher erläutert.

Grundlagen und Notwendigkeit für die digitale Leitmerkmalmethode

EAWS und die digitale Leitmerkmalmethode: Ursprung

Die Richtlinien für die digitale Leitmerkmalmethode begründen sich des Übereinkommens des Rates aus dem Jahr 1990. Der Beschluss umfasst die Mindestvorschriften zum Schutz der Beschäftigten bei manueller Handhabung von Lasten, im Besonderen durch die manuelle Belastung Rückenschäden nicht ausgeschlossen werden können.

Die digitale Leitmerkmalmethode begründet sich auf gemeinsamen Entwicklungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und verschiedenen Wissenschaftspartnern in Koordination mit dem Landesausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI).

Die (digitale) Leitmerkmalmethode LMM-HHT wurde erstmals 2001 publiziert, in den nächsten 11 Jahren erschienen die (digitale) Leitmerkmalmethode LMM-ZS und die LMM-MA. Im Oktober 2019 wurden von der BAuA zuletzt die drei erweiterten Leitmerkmalmethoden “LMM-HHT”, “LMM-ZS” und “LMM-MA” veröffentlicht und zusätzlich die drei neuen Leitmerkmalmethoden “LMM-GK”, “LMM-KB” und “LMM-KH”.

Die digitale Leitmerkmalmethode wurde entwickelt, um den Erfordernissen der Lastenhandhabungsverordnung gerecht zu werden und die Tätigkeiten der Beschäftigten menschengerecht organisieren zu können.

Entwicklung der verschiedenen Methoden und die digitale Leitmerkmalmethode mittels Motion-Mining®

EAWS und die digitale Leitmerkmalmethode: Feste Richtlinien

Die digitale Leitmerkmalmethode ermöglicht eine Beurteilung des Risikos bei einer körperlichen Beanspruchung, während manuelle Bewegungen wie zum Beispiel Heben oder Tragen von Lasten, das Ziehen und Schieben von Lasten o. ä. im Arbeitsprozess ausgeführt werden.

Aus der Beurteilung der ermittelten Leitmerkmale auf der Basis eines Kennwertes und der Ermittlung der Gewichtungen der Leitmerkmale erfolgt schließlich, nach der abschließenden Multiplikation mit der Zeitgewichtung, die Evaluierung der einzelnen Untertätigkeiten.

Im Rahmen von Motion-Mining® Ergonomieanalysen werden verborgene Optimierungspotentiale aufgedeckt. Der Lösungsansatz erlaubt eine Bewertung der manuellen Arbeit, im speziellen der Körperhaltung und Bewegung der Mitarbeiter, unter Verwendung von Wearables und eines Tiefenlernalgorithmus, besser bekannt als künstliche Intelligenz. Arbeitsprozesse werden automatisch und anonym erfasst, durch künstliche Intelligenz verarbeitet und in Kennzahlen umgewandelt. Derzeit unterscheiden wir bei unseren Ergonomieanalysen zwischen mehr als 60 unterschiedlichen Bewegungsabläufen. Kritische Bewegungen wie Bücken aus dem Rücken, Tragen, Heben, Halten, Überkopfaktivitäten werden bei der Ergonomieanalyse betrachtet. Diese Bewegungen werden in Bewegungsintervallen, während der Ergonomieanalyse, aufgezeichnet. Neben den typischen Bewegungen können auch Vibrationen und Repetitionen im speziellen erkannt werden. Auf Grundlage der Daten aus der Ergonomieanalyse können Über- und Dauerbelastungen erkannt und Maßnahmen zur Vermeidung abgeleitet werden. Im Rahmen dieser Analysen kommen u. a. Methoden wie EAWS zum Einsatz.

Unterschiedliche Vorgehensweisen der Berechnung

EAWS und die digitale Leitmerkmalmethode: Geschlechterspezifische Unterschiede

Bei den Männern liegt die physische Belastbarkeit im durchschnittlich bei ca. 2/3 im Vergleich zu der bei Frauen. Dieser Unterschied zwischen Frauen und Männern ist vor allem auf unterschiedlichste Faktoren zurückzuführen, u. a. die unterschiedlichen Körperproportionen. Damit beispielsweise bei physisch fordernden Tätigkeiten auch diese Faktoren aus gesundheitspräventiven Gründen mit einbezogen werden können, wird die Gewichtung der Lasten in der Leitmerkmalmethode manuelles heben, halten und tragen von Lasten (LMM-HHT) nach der entsprechenden LMM-Tabelle separat für Männer und Frauen erhoben, bei gleicher Lastgewichtung erhalten Frauen ein höheres Rating. Hingegen gilt bei den verschiedenen Leitmerkmalmethoden unterschiedliche Multiplikatoren, die die gegebenen Unterschiede ausgleichen sollen, z.B. LMM-ZS: der Zwischenpunktwert der Männer, wird mit dem Faktor 1,3 für Frauen multipliziert.

Vorstellung der Methode: EAWS

EAWS und die digitale Leitmerkmalmethode: Digitalisierung der Methoden (EAWS)

Durch die digitale Leitmerkmalmethode zur ergonomischen Beurteilung und Bewertung von Arbeitsplätzen und Abläufen kann mit vergleichsweise kleinem Arbeitsaufwand eine präzise, allgemeinverständliche Erklärung zur Belastung der Mitarbeiter an spezifischen Arbeitsplätzen gegeben werden. Die digitale Leitmerkmalmethode bietet Verbesserungsansätze die unmittelbar aus den erhobenen Daten abgeleitet werden können, um sie frühzeitig in die eigene Arbeitsplanung zu integrieren.

Diese Methoden, wenngleich zunächst als analoge Version konzipiert, lassen sich mittlerweile auch in digitaler Weise durchführen und einsetzen (digitale Leitmerkmalmethode). Mit den modernsten Software-Entwicklungstools realisiert, kann zum Beispiel EAWS-digital auf einfache und intuitive Weise sämtliche für den Ablauf notwendigen Informationen aufnehmen und bewerten.

Die Mensch-Simulation (digitale Menschmodelle) findet auch in der Planung für die digitale Fabrik Einsatz, um manuelle Tätigkeiten bereits in der Planungsphase in 3D zu verdeutlichen und zu hinterfragen. In der Planung wird die Simulation eingesetzt, um manuelle Arbeiten sowohl zeitökonomisch (MTM-Prozessmodule) sowie ergonomisch zu beurteilen (EAWS-Prozess). Die Human-Simulation zur Untersuchung und Optimierung von Montageverfahren, Zeitaufwand und Ergonomie findet so zunehmend den Weg in den betrieblichen Alltag.

So forcieren der weltweit zunehmende wirtschaftliche Wettbewerb und das rückläufige Bevölkerungswachstum in Europa eine wirtschaftliche Ausgestaltung von Arbeitsplätzen und Prozessabläufen unter Einbeziehung des menschlichen Leistungsvermögens. Ein entsprechendes ergonomisches Instrument ist EAWS (Ergonomic Assessment Worksheet – EAWS), dass sämtliche Abschnitte des Lebenszyklus von Gütern einbezieht (entwickelt von MTM und IAD). In Kooperation mit namhaften europäischen Betrieben als Anwender von EAWS erfolgt eine kontinuierliche Verbesserung der Ergonomiebewertung. EAWS kann zur Optimierung der Ergonomiebewertung in Hinblick auf Körperhaltung, Handlungskräfte, manuelle Lastenhandhabung, Belastungshäufigkeiten für die Bereiche der oberen Gliedmaßen eingesetzt werden z. B. in Form der EAWS-Schnellanalyse oder aber auch die automatische Ermittlung von Bewegungsdaten und Kräften (Motion Capturing). Mit der EAWS ist eine präzise Bestimmung der ganzheitlichen Beanspruchung am Arbeitsplatz zur Erreichung einer ergonomischen Konstruktionsqualität für permanent gesundes und produktives Arbeiten gewährleistet.

Die Anforderungen an die Branche steigen aufgrund von fortschreitender Globalisierung und zunehmender Digitalisierung. Damit die Branche künftig im globalen und nationalen Konkurrenzkampf mithalten und sich behaupten kann, braucht sie innovative Lösungsansätze, wie beispielsweise die EAWS-Methode, und eine kontinuierliche Anpassung.

Durch den Einsatz der EAWS können die physikalischen Belastungen des Körpers sowie der oberen Extremitäten am jeweiligen Arbeitsplatz bestimmt werden. Anhand des Verständnisses, dass durch die EAWS-Methode gewonnen wurde, lassen sich Arbeitsplätze gesamtheitlich ergonomisch ausgestalten.

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